Staatsanwaltsvertretungen

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Den Richter- und Personalräten vergleichbar sind für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte die Staatsanwaltsvertretungen.

1. Dienststellen, Staatsanwaltsvertretungen

 

Dienststellen sind die Staatsanwaltschaften (§ 69 Abs. 2 Satz 1 NRiG). Für die Dienststelle handelt ihre Leitung (Leitende Oberstaatsanwältin oder Leitender Oberstaatsanwalt) (§ 69 Abs. 2 Satz 2 NRiG). Diese kann sich durch die ständige Vertreterin oder den ständigen Vertreter oder durch eine von ihr bestimmte Staatsanwältin oder durch einen von ihr bestimmten Staatsanwalt vertreten lassen (§§ 69 Abs. 2 Satz 3, 17 Satz 3 NRiG). Für den Schriftverkehr zwischen Dienststelle und Staatsanwaltsvertretung bleiben Regelungen über die Zeichnungsbefugnisse unberührt (§§ 69 Abs. 2 Satz 3, 17 Satz 4 NRiG).

Staatsanwaltsvertretungen sind die Staatsanwaltsräte (§ 69 Abs. 1 NRiG).

2. Bildung von Staatsanwaltsräten

 

Staatsanwaltsräte werden bei den Staatsanwaltschaften gebildet (§ 70 Abs. 1 NRiG).

Ein Bezirksstaatsanwaltsrat wird bei einer Generalstaatsanwaltschaft für die Staatsanwaltschaften eines Oberlandesgerichtsbezirks gebildet (§ 70 Abs. 2 NRiG).

Ein Hauptstaatsanwaltsrat wird bei der obersten Dienstbehörde, dem Justizministerium, gebildet (vgl. § 70 Abs. 3 NRiG).

3. Aufgaben des Staatsanwaltsrats

 

Der Staatsanwaltsrat ist in allgemeinen, sozialen, organisatorischen, sonstigen innerdienstlichen und personellen Angelegenheiten (§ 19 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4, § 21 Abs. 1 Nrn. 4 und 9 NRiG in entsprechender Anwendung sowie §§ 64 bis 67 und 75 NPersVG) der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu beteiligen (§ 71 NRiG). 

Der Staatsanwaltsrat hat die Aufgabe, sich für die Interessen der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte einzusetzen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 NRiG; im Einzelnen zu den allgemeinen Aufgaben § 59 NPersVG i.V. mit § 74 Satz 1 NRiG und zum Umfang der Mitbestimmung § 64 NPersVG, zur Mitbestimmung bei sozialen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen § 66 NPersVG und zur Mitbestimmung bei organisatorischen Maßnahmen § 67 NPersVG).

Der Staatsanwaltsrat bestimmt mit bei personellen Maßnahmen (§ 65 NPersVG) sowie bei der Bestellung der Leiterin oder des Leiters einer Referendararbeitsgemeinschaft und der Auswahl für eine Erprobung (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 NRiG in entsprechender Anwendung).

4. Herstellung des Benehmens

 

Des Benehmens mit dem Staatsanwaltsrat bedürfen die Maßnahmen nach § 75 Abs. 1 NPersVG sowie die dauerhafte Übertragung von Verwaltungsaufgaben und der Abschluss von Budgetvereinbarungen im Rahmen der dezentralen Mittelbewirtschaftung (§ 17a der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung) (§ 21 Abs. 1 Nrn. 4 und 9 NRiG in entsprechender Anwendung). 

5. Zusammensetzung der Staatsanwaltsräte

 

Der Staatsanwaltsrat besteht bei Staatsanwaltschaften, denen mehr als 20 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte angehören, aus drei Mitgliedern, im Übrigen aus einem Mitglied (§ 72 Satz 1 NRiG).

Der Bezirksstaatsanwaltsrat und der Hauptstaatsanwaltsrat bestehen jeweils aus drei Mitgliedern (§ 72 Satz 2 NRiG).

6. Wahl

 

Die Mitglieder der Staatsanwaltsräte werden von den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten aus ihrer Mitte geheim und unmittelbar gewählt (§ 73 NRiG).

7. Mitwirkung und Beteiligungsverfahren

 

Für die Beteiligung in Angelegenheiten der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gelten § 22 NRiG sowie die §§ 59 bis 82 NPersVG entsprechend (§ 74 Satz 1 NRiG).

 

7.1 Informationsrecht des Staatsanwaltsrats

 

Die Dienststelle hat den Staatsanwaltsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 60 Abs. 1 Satz 1 NPersVG). Ihm sind die hierfür erforderlichen Unterlagen und Tatsachen zugänglich zu machen oder bekannt zu geben (§ 60 Abs. 1 Satz 2 NPersVG).

 

7.2 Gemeinsame Besprechungen

 

Dienststelle und Staatsanwaltsrat sollen mindestens einmal im Vierteljahr zu gemeinsamen Besprechungen zusammentreten (§ 62 Abs. 1 Satz 1 NPersVG). In ihnen sollen insbesondere alle Vorgänge, die die Beschäftigten wesentlich berühren oder künftig berühren können, behandelt werden (§ 62 Abs. 1 Satz 2 NPersVG).

 

7.3 Mitbestimmungsverfahren

 

Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Staatsanwaltsrats unterliegt, bedarf sie seiner Zustimmung (§ 68 Abs. 1 NPersVG). Die Dienststelle unterrichtet den Staatsanwaltsrat von der beabsichtigten Maßnahme schriftlich und beantragt seine Zustimmung (§ 68 Abs. 2 Satz 1 NPersVG). Der Staatsanwaltsrat kann verlangen, dass die Dienststelle die beabsichtigte Maßnahme schriftlich begründet oder mit ihm erörtert (§ 68 Abs. 2 Satz 3 NPersVG).

 

7.4 Initiativrecht des Staatsanwaltsrats

 

Der Staatsanwaltsrat kann eine Maßnahme, die seiner Mitbestimmung unterliegt, schriftlich bei der Dienststelle beantragen (§ 69 Abs. 1 Satz 1 NPersVG). Bei einer Maßnahme, die nur einzelne Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte betrifft und keine Auswirkungen auf Belange der Gesamtheit der in der Dienststelle Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hat, ist ein Antrag nach § 69 Abs. 1 Satz 1 NPersVG nicht zulässig, wenn die betroffenen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte selbst klagebefugt sind.

 

7.5 Verfahren zur Herstellung des Benehmens

 

Soweit die Dienststelle das Benehmen mit dem Staatsanwaltsrat herzustellen hat, ist dem Staatsanwaltsrat vor Durchführung der Maßnahme Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 76 Abs. 1 Satz 1 NPersVG).

 

7.6 Erörterung

 

Wenn die Dienststelle bei einer Maßnahme nach den §§ 20 und 21 NRiG nicht selbst entscheidungsbefugt ist, sondern eine solche gegenüber einer übergeordneten Dienststelle vorschlägt, ist die Angelegenheit mit dem bei ihr gebildeten Staatsanwaltsrat mit dem Ziel der Einigung zu erörtern (§ 22 Satz 1 NRiG). Die Dienststelle teilt bei ihrem Vorschlag an die übergeordnete Dienststelle zugleich das Ergebnis der Erörterung mit (§ 22 Satz 2 NRiG).

 

7.7 Beteiligungsgespräch

 

Die zur Entscheidung befugte Dienststelle beteiligt in Angelegenheiten, die sie oder ihre Beschäftigten betreffen, den bei ihr gebildeten Personalrat (§ 79 Abs. 1 NPersVG). Der Gesamtpersonalrat ist bei allen Maßnahmen zu beteiligen, für die die Gesamtdienststelle zuständig ist und die nicht nur den Bereich der Stammdienststelle betreffen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 NPersVG). In diesen Fällen findet § 31 NRiG für den Staatsanwaltsrat entsprechende Anwendung (§ 74 Satz 2 NRiG). Daraus folgt:

Angelegenheiten nach den §§ 20 bis 22 NRiG erörtert die Dienststelle mit dem bei ihr gebildeten Staatsanwaltsrat, die übergeordnete Dienststelle mit dem bei ihr gebildeten Bezirksstaatsanwaltsrat oder, wenn ein solcher nicht gebildet ist, mit dem Hauptstaatsanwaltsrat mit dem Ziel der Einigung (Beteiligungsgespräch) (§ 31 Abs. 1 Satz 1 NRiG). Beteiligungsgespräche finden einmal im Vierteljahr und ansonsten auf Antrag der Dienststelle oder des Staatsanwaltsrats anlassbezogen statt (§ 31 Abs. 1 Satz 2 NRiG). In den Beteiligungsgesprächen ist der Staatsanwaltsrat auch über beabsichtigte Haushaltsanmeldungen im Rahmen des Verfahrens der Haushaltsaufstellung zu unterrichten (§ 31 Abs. 1 Satz 3 NRiG).

 

7.8 Dienstvereinbarungen

 

Eine weitere Form der Beteiligung ist der Abschluss von Dienstvereinbarungen (§ 78 NPersVG).

8. Beteiligung in gemeinsamen Angelegenheiten

 

Bei den in § 71 NRiG genannten allgemeinen und sozialen Angelegenheiten, die die Beschäftigten bei einer Staatsanwaltschaft gemeinsam betreffen (gemeinsame Angelegenheiten), ist statt des Staatsanwaltsrats der um die entsandten Mitglieder des Staatsanwaltsrats erweiterte Personalrat zu beteiligen (§ 75 Satz 1 NRiG). Der Staatsanwaltsrat entsendet ein Mitglied in einen Personalrat, der nicht mehr als fünf Mitglieder hat, im Übrigen zwei Mitglieder (§ 75 Satz 2 NRiG). Besteht der Personalrat nur aus einer Person und kommt eine Einigung mit dem entsandten Mitglied des Staatsanwaltsrats nicht zustande, so gilt die Zustimmung als erteilt (§ 75 Satz 3 NRiG) 

Werden gemeinsame Angelegenheiten in einem Bezirkspersonalrat oder einem Hauptpersonalrat behandelt, so entsendet der Bezirksstaatsanwaltsrat zwei seiner Mitglieder in den Bezirkspersonalrat, der Hauptstaatsanwaltsrat zwei seiner Mitglieder in den Hauptpersonalrat (§ 75 Satz 4 NRiG).

An der Behandlung gemeinsamer Angelegenheiten in den Personalversammlungen der Staatsanwaltschaften können die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit den gleichen Rechten wie die anderen Beschäftigten teilnehmen (§ 75 Satz 5 NRiG).

9. Einigungsstelle

 

In Angelegenheiten nach § 71 NRiG entscheidet die nach § 71 NPersVG gebildete Einigungsstelle (§ 76 Satz 1 NRiG). Jedoch treten an die Stelle der vom Hauptpersonalrat bestellten Mitglieder drei vom Hauptstaatsanwaltsrat bestellte Mitglieder, von denen zwei Staatsanwältin oder Staatsanwalt sein müssen (§ 76 Satz 2 NRiG). Das Verfahren der Einigungsstelle regelt § 72 NPersVG Die Aufhebung von Entscheidungen der Einigungsstelle ist bin § 73 NPersVG geregelt. Die Dienststelle kann bei Maßnahmen, die keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung nach § 74 NPersVG vorläufige Regelungen treffen.

10. Unzulässige Maßnahmen

 

Maßnahmen, bei denen die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung unterlassen oder bei einer Beteiligung gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist, dürfen nicht vollzogen werden (§ 63 Satz 1 NPersVG i.V. mit § 74 Satz 1 NRiG).

11. Anwendung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes

 

Soweit das NRiG in Bezug auf die Staatsanwaltsvertretungen und Einigungsstellen keine Vorschriften enthält und nicht auf Regelungen für die Richtervertretungen verwiesen wird, sind die Vorschriften des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes sinngemäß anzuwenden (§ 77 NRiG).

12. Unabdingbarkeit des Personalvertretungsrechts

 

Durch Vereinbarung nach § 81 NPersVG oder Dienstvereinbarung nach § 78 NPersVG darf nicht von den Vorschriften des NPersVG abgewichen werden (§ 82 NPersVG i.V. mit § 74 Satz 1 NRiG).

  

Armin Böhm
30. Dezember 2010


Berufseinsteiger