Mitgliederinformation vom 22.12.2016: Aktuelles zu § 81a StPO

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im September dieses Jahres habe ich Sie über einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) informiert, mit dem unter anderem der Richtervorbehalt bei der Anordnung der Entnahme von Blutproben zum Nachweis von Alkohol, Betäubungsmittel oder Medikamenten im Blut entfallen und diese Zuständigkeit vorrangig auf die Staatsanwaltschaft übertragen werden sollte. Während der Gesetzentwurf hierin eine „Stärkung der Stellung der Staatsanwaltschaft“ sah, hätte dies in der Praxis dazu geführt, dass die zumindest in Niedersachsen weit verbreitete und bewährte Praxis, dass Blutproben bei Verkehrsdelikten zur Nachtzeit durch die Polizei selbst angeordnet werden, konterkariert wird. Durch die Neuregelung wäre zwar eine gewisse Entlastung der Gerichte eingetreten, gleichzeitig hätte die ursprünglich geplante Regelung jedoch für die Staatsanwaltschaften eine nicht unerhebliche Mehrarbeit zur Folge gehabt.

Die von dem Deutschen Richterbund seit Jahren erhobene Forderung nach Abschaffung des Richtervorbehalts für die Anordnung der Entnahme von Blutproben bei Verkehrsdelikten hatte aber zum keinem Zeitpunkt das Ziel, hierdurch eine Mehrbelastung für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte herbeizuführen. In der Tat wäre es inkonsequent, den Richtervorbehalt mit der Begründung entfallen zu lassen, dass ein Richter bei einem telefonisch vorgetragenen Sachverhalt praktisch keine Möglichkeit hat, diesen zu überprüfen und damit die durch den Richtervorbehalt bezweckte Kontrolle weitgehend leerliefe, andererseits aber unter den gleichen Voraussetzungen diese Kontrolle den Staatsanwaltschaften zu übertragen, die ihrerseits keine weitergehenden Prüfungsmöglichkeiten haben als diejenigen, die dem Richter zu Gebote standen.

Im Einvernehmen mit dem Gesamtvorstand des NRB habe ich mich bemüht, eine solche drohende Mehrbelastung für die Staatsanwaltschaften abzuwenden. Diese Bemühungen zeigen inzwischen erste Erfolge. Die niedersächsische Justizministerin, Frau Niewisch-Lennartz, unterstützt die Position des NRB, wonach eine Verlagerung der Anordnungskompetenz von den Gerichten auf die Staatsanwaltschaften keinen rechtsstaatlichen Zugewinn, wohl aber unnötige Mehrarbeit brächte und hat dies erfreulicherweise auch im Rahmen des 8. Kongresses der niedersächsischen Strafjustiz im September 2016 in Göttingen in Gegenwart der für den Gesetzentwurf zuständigen Abteilungsleiterin des BMJV deutlich zum Ausdruck gebracht. Durch den engagierten Einsatz unseres Bundesvorsitzenden, Jens Gnisa, und die gute Zusammenarbeit mit den befreundeten Landesverbänden ist es zudem gelungen, im BMJV Verständnis für unsere Haltung zu wecken und sowohl den Bundesinnenminister als auch die Justizminister der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern von unserem Standpunkt zu überzeugen.

Diese Überzeugungsarbeit hat dazu geführt, dass der am gestrigen Tage vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und weiterer Gesetze - im Gegensatz zu der im Referentenentwurf vorgesehenen Fassung - keine vorrangige Anordnungszuständigkeit der Staatsanwaltschaft (und eine nur nachrangige Zuständigkeit ihrer Ermittlungsperson) mehr vorgesehen ist, sondern vielmehr von einer Gleichrangigkeit der Anordnungsbefugnisse von Staatsanwaltschaft und Polizei ausgegangen wird. Der Wegfall des Vorrangs der Anordnungsbefugnis der Staatsanwaltschaft hat zur Folge, dass die Anordnungsbefugnis bei den im Gesetzentwurf genannten Straßenverkehrsdelikten ganz oder jedenfalls für die Dauer der Nachtzeit auf die Polizei delegiert werden kann. Ob eine solche Delegation generell oder jedenfalls die Möglichkeit der Delegation in die Richtlinien für das Buß- und Strafverfahren aufgenommen werden soll, wird derzeit noch diskutiert.

Durch die bereits jetzt erreichte Änderung des Gesetzentwurfes sind wir bereits einen erheblichen Schritt in unserem Bemühen vorangekommen, die ursprünglich drohende und unnötige Mehrbelastung der Staatsanwaltschaften zu verhindern.

Der Deutsche Richterbund und auch wir als NRB werden das Gesetz auf seinem Weg durch Bundestag und Bundesrat weiterhin aufmerksam begleiten und Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten.

Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachtsfeiertage und einen guten „Rutsch“ in das neue Jahr 2017!

Mit herzlichen kollegialen Grüßen
Frank Bornemann

Die Mitgliederinformation finden Sie auch nebenstehend als Download.


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